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Zum Nordkap

Der nördlichste Punkt Europas ist ein Ort, zu dem man sich hingezogen fühlt – oder auch nicht. Auf jeden Fall ist er eine lange Reise, wenn man auf dem Boden bleiben will. Von den Alpen bis zum Nordkap sind es auf der Strasse 3611 Kilometer mit einer reinen Fahrzeit von 40 Stunden. Als schnellste Verbindung mit dem ÖV gibt das Internet 85 Stunden oder etwas mehr als vier Tage an. Aber wer will schon ganz schnell da hoch. Dort oben gibt es keine Dringlichkeit. Dort wartet gar nichts. Dort endet einfach die begehbare Welt zum Nordpol.
Am schnellsten geht die Reise via Schweden und seine unendlichen Wälder. Viel eleganter ist es allerdings, sich durch Norwegen hochzuarbeiten. Irgendwann passiert man Oslo in seiner Bucht, wo dem Meer entlang gerade die Stadt neu gebaut wird. Spektakulär die staatliche Oper im Stil einer schräggestellten Eisscholle. Eine Tagesreise mit dem Zug nach Norden ist Trondheim mit dem die wohl nördlichsten mittelalterlichen Dom in Europa. Den nördlichen Polarkreis auf 66 Grad nördlicher Breite erreicht man einen Tag später auf dem Weg nach Bode. Dort endet die norwegische Eisenbahn. Zur Hafenstadt Narvik fährt ein Bus, den man auch noch weiter in den Norden nehmen könnte. Stattdessen geht es mit dem Auto nach Tromsø, der letzten Stadt vor dem Weltuntergang. Auf dem Schiff fährt man durch Fjorde mit wolkenverhangenen Bergspitze. Gut möglich, dass dort die Götter wohnen. Die Reise ist magisch und wird noch magischer als nach Stunden die Sonne am nördlichen Horizont durch die Wolken bricht und die mitternächtliche Stunde in gleissendes Gold taucht. An und ab werden Ort angefahren, so einsam und verloren wie man sie sich am Ende der Welt vorstellt: Skjervøy, Øksfjord, Hammerfest, Havøysund. Ab Honningsvåg geht auf der Insel Magerøya Richtung Norden bis zum Kap. Dort befindet sich ein grosser Parkplatz, eine Touristenfalle und ein stählerner Globus. Zum Meer geht es 300 Meter steil in die Tiefe.
Mehr ist nicht zu sehen, weil Nebel über dem Kap hängt.